Mai 1943

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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Chronik 40–45

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik 45–49

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

English
GEO INFO
Sagorodnoje Karte — map
OKW-Lagekarte 1943/Mai Karte — map

Unser Bataillon wird von Petrowskaja nach Sagorodnoje verlegt. Das Dorf liegt direkt am Donez. Damit sind wir also wieder in unserer altvertrauten Gegend, denn wir liegen jetzt nur etwas nördlich[1] von dem Abschnitt, den unsere Division im ersten Russlandeinsatz besetzt hatte.

Mai/Juni 1943 am Donez – Geländeschitt der Stellungen bei Petrowskaja und Sagorodnoje

Wenn man von Petrowskaja nach Sagorodnoje will, muss man ein Hochplateau ersteigen. Die baumlose Hochfläche trägt ausgedehnte Weideflächen und Kolchosfelder. Nach einstündigem Fußmarsch neigt sich das Plateau mehr oder weniger sanft zum Fluss hin und fällt dann in einem zwanzig bis fünfzig Meter hohen Steilhang zur Donezniederung ab. An einer weniger stark geneigten Stelle liegt Sagarodnoje. Die oberen Häuser liegen noch auf dem Plateau, während die unteren schon am Fluss liegen, der hier dicht am Fuß des Westhanges vorbeifließt.

Das Dorf liegt also an dem steilen Westufer des Doneztales, und von hier hat man einen weiten Blick über die kilometerbreite, dichtbewaldete, flache und stellenweise versumpfte Donezniederung.

Der berühmte VW-Kübelwagen[2]

Das Dorf, in dem auch der Bataillonsstab liegt, ist der Mittelpunkt des Verteidigungsabschnitts unseres Bataillons. Wir liegen hoch über der Donezniederung und können das gewaltige breite Tal übersehen. Aber es ist dicht bewaldet und undurchsichtig. Der Iwan liegt zwar unten in den Wäldern, aber er kann das ganze Dorf an dem kahlen, schräg zum Tal hin geneigten Hang übersehen. Deshalb können unsere Verpflegungsfahrzeuge, die von Petrowskaja nach vorn kommen, immer nur abends erscheinen. Nur einzelne Fußgänger können es wagen, bei Tage über den Hang zu gehen. Eines Tages wollten Gawletta, Max und ich nach Petrowskaja. Hier liegt das Regiment und die Führer der 13. und 14. Kompanie (Pak und IG). Es war warm, und der einstündige Fußmarsch war uns zu unbequem. Wir wollten deshalb den Bataillons-Pkw nehmen.[3] Da der Russe aber auf lohnende Ziele meist schoss, mussten wir vorsichtig sein. Der VW stand in einem Erdloch hinter dem Haus des Kommandeurs. Wir ließen den Motor anspringen, stiegen ein, rasten im Karacho den Hang hinauf und verschwanden im Schutz einer Buschreihe am Hinterhang.

Die Stellungen der Schützenkompanien liegen vorwiegend unten am Fluss, am unteren Dorfrand am Fuß des Hanges. Die schweren Waffen der MG-Kompanie bilden eine zweite Linie in halber Höhe des Hanges mitten durch das Dorf. Die Stellungen meiner Werfer sind über das ganze Dorf verteilt. Die kreisrunden, brusttiefen Löcher der Feuerstellungen sind in den Gärten hinter den Häusern ausgehoben. Die Bedienungen wohnen wie üblich in den Häusern bei den Russen. Hinter dieser zweiten Linie befindet sich noch andeutungsweise eine dritte Linie mit einigen Pak-Stellungen.

Der Autor als Leutnant und Zugführer in Sagorodnoje, Mai 1943. Das Tragen solcher Stiefelhosen, vom Autor Breeches, genannt, war an der Front eigentlich verboten, vgl. die entsprechende Lieblingserzählung

Ich selbst wohne in der letzten Dorfstraße, die oben am Rand des Plateaus entlangläuft (Foto[4]). In den ersten Tagen wohne ich in einem kleinen ••• S. 129 •••Häuschen, das nur Stube und Küche hat, bei einer ca. 30-jährigen Frau.

Bald aber ziehe ich mit meinem Melder in das Nachbarhaus. Es dient als Lagerhaus der Kolchose, hat aber auch einen großen Wohnraum mit Bett, Tisch und Stuhl. Hier verbringe ich nun mehrere Wochen. Nach einem ruhigen Nachtschlaf unter dem Moskitonetz stehe ich gegen 8 Uhr auf. Nach dem Waschen nehme ich dann mein Frühstück ein. Die Milch hat mein Melder schon aus der Milchsammelstelle der Kolchose geholt. Zuweilen bekomme ich von dort auch Weißkäse. Nach dem Frühstück breite ich hinter dem Haus, gegen Feindsicht geschützt, eine Decke aus, nehme ein Buch oder Leseheft und Sonnenbrille und lege mich in Sporthose in die heiße Sonne. Manchmal spaziere ich auch durch das Dorf, besuche das BGZ[5] oder meine Zugunterkünfte. Erst abends steige ich in die Uniform und mache meinen Rundgang durch die Feuerstellungen. Von diesen Gängen komme ich manchmal erst spät in der Nacht zurück. Eines abends, es war wohl schon Mitternacht, biege ich um die Ecke meines Hauses, als ich in der Tür des Nachbarhauses die junge Frau des Kolchos-Lagerleiters stehen sehe. Sie ist im Unterrock. Wahrscheinlich war es ihr im Haus zu heiß, und sie sucht etwas Abkühlung. Ich gehe zu ihr hin und frage, ob ihr nicht zu kalt sei. Blöde Frage! Denn es ist eine warme Sommernacht. Wir stehen nicht lange, da höre ich in der Stube ein Geräusch. Der Mann ist wohl von meiner lauten Stimme erwacht. (Idiotisch, in solcher Situation laut zu sprechen!) Die Frau hat es natürlich auch gehört. Sie dreht sich abrupt um und geht ins Haus zurück. Sie ist übrigens aus Wladiwostok, wie sie mir einmal erzählt hat. Manchmal, wenn sie mit ihrer Nachbarin, meiner ersten Hasiaika, zusammensitzt und schwatzt, setze ich mich dazu und höre mir den Dorfklatsch an. Das meiste verstehe ich aber nicht.

Das Haus des Bataillonskommandeurs steht am Ende einer Balka, die sich mitten im Dorf in den Hang hinein gefressen hat. In die Seitenwände dieser Schlucht werden jetzt Stollen getrieben, die dem Bataillonsstab als Schutzbunker dienen sollen. Diese Arbeit verrichten Mädchen und Frauen aus dem Dorf. Um ihnen die Arbeit angenehmer zu machen, lässt der Batailloner seinen Radioapparat laufen, solange die Frauen arbeiten.

Kürzlich trat einer der Bataillonsmelder überraschend in die Stube des Kommandeurs und platzte in ein zärtliches Tête-à-tête des Alten mit einem der Arbeitsmädchen hinein. Der Alte kann übrigens an keinem Mädchen vorbeigehen, ohne ihm einen Klaps auf die Kiste zu geben.

Jetzt werden alle Häuser, in denen Mitglieder des Bataillonsstabes liegen, durch Laufgräben verbunden. Auch diese Arbeit wird von Frauen verrichtet, die von Einbruch der Dunkelheit bis Mitternacht schippen müssen. Manchmal denke ich, der Major hat sich diese Arbeit nur ausgedacht, um die Mädchen um sich zu haben.


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Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

  1. 35 km westlich von Tichotzki, 60 km nordwestlich von Slawjansk
  2. Foto aus Frankreich, 1944
  3. Fahrten ohne Fahrbefehl, Privatfahrten u.ä. waren nicht zuletzt wegen des Kraftstoffverbrauchs verboten (KTB 1.PzA, NARA T-313 Roll 48 Frame 7282365/79, Roll 58 Frame 7293861).
  4. Die Beschriftung des Fotos mit „Mai 1943“ ermöglicht es, die Verlegung nach Sagorodnoje auf Anfang Mai zu datieren.
  5. unbekannte Abkürzung; evtl. Bäuerliches Gemeinschaftszentrum oder Begegnungszentrum? Die russische Abkürzung БГЦ passt nicht, sie bedeutet Biogeozänose, eine Art Ökosystem.