1945/Januar/22: Unterschied zwischen den Versionen

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Da ist z. B. die Ausrüstung. Seit vier Jahren schleppen wir Klamotten mit uns herum, die wir nicht ein einziges Mal gebraucht haben: Das [[w:Seitenwehr|Seitengewehr]] (außer zum Büchsenöffnen), die Gasmaske (außer zum Verpflegungssammeln), das gesamte MG-Richtgerät einschließlich des schweren Entfernungsmessers. Dabei habe ich während des ganzen Krieges nicht ein einziges Mal indirekt gerichtet.
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Da ist z. B. die Ausrüstung. Seit vier Jahren schleppen wir Klamotten mit uns herum, die wir nicht ein einziges Mal gebraucht haben: Das [[w:Bajonett|Seitengewehr]] (außer zum Büchsenöffnen), die Gasmaske (außer zum Verpflegungssammeln), das gesamte MG-Richtgerät einschließlich des schweren Entfernungsmessers. Dabei habe ich während des ganzen Krieges nicht ein einziges Mal indirekt gerichtet.
  
 
Es gibt tausend Verbesserungsmöglichkeiten. Das Seitengewehr könnte, wenn es schon sein soll, kleiner oder leichter sein. Auch der Karabiner ist zu unhandlich und längst überholt. Patronentaschen unpraktisch, und manches andere mehr. In der Verpflegung könnte man sich mehr auf Konzentrate umstellen, die nahrhaft und schmackhaft sein können und viel Transportraum sparen würden. Eine ganze Reihe von Wehrmachtseinheiten könnten als überflüssig aufgelöst werden. Es ist gar nicht möglich, hier alle Vorschläge aufzuzählen.
 
Es gibt tausend Verbesserungsmöglichkeiten. Das Seitengewehr könnte, wenn es schon sein soll, kleiner oder leichter sein. Auch der Karabiner ist zu unhandlich und längst überholt. Patronentaschen unpraktisch, und manches andere mehr. In der Verpflegung könnte man sich mehr auf Konzentrate umstellen, die nahrhaft und schmackhaft sein können und viel Transportraum sparen würden. Eine ganze Reihe von Wehrmachtseinheiten könnten als überflüssig aufgelöst werden. Es ist gar nicht möglich, hier alle Vorschläge aufzuzählen.

Aktuelle Version vom 14. Januar 2025, 19:19 Uhr

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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Inhaltsverzeichnis

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

English
Feldpostbriefe/Rotkreuzkarten
✉ an Carola (gestern erstmalig heftig beschossen)[1]

Heute hole ich den unterbrochenen Besuch bei meinem Tross nach. Nach einer kurzen Stippvisite bei der Granatwerfer-Kompanie, deren Werfer gleich am Ortsrand stehen, schlendere ich die Dorfstraße hinunter zu den Unterkünften meines Trosses, die im Dorf bzw. schon zum anderen Ende des Dorfes hin liegen. Es liegt gerade ein leichtes Störungsfeuer auf dem Ort. Eine russische Kanonenbatterie oder ein einzelnes Geschütz schießt in längeren Abständen einzelne Schüsse in das große Dorf. Ich lasse mich dadurch nicht aufhalten. Das tropfenweise Geklecker hört dann auch bald auf. Auf meinem Weg komme ich am Quartier unseres Zahlmeisters Schneider vorbei, dem ich auch einen kurzen Besuch mache. Beim Tross, der nahebei liegt, mache ich eine kurze Inspektion. Da der Spieß von meinem Kommen unterrichtet war, ist natürlich alles bestens geordnet und aufgeräumt. Ich schreibe dann noch einen Brief an Carola[1], und am Spätnachmittag kehre ich in die Stellung zurück.

Es ist schon spät abends. Draußen ist es stockfinster. Da kommt ein fremder Offizier in meinen Unterstand heruntergestiegen. Es ist der Korps-Geologe, der das Gelände hinter unserem Graben auf seine Befahrbarkeit für Panzer untersuchen soll. Ich ziehe mir noch eine Jacke über und begleite ihn nach draußen. Wir gehen einige hundert Meter zurück. Das Gelände hier ist auf der Karte als Sumpfgelände angegeben. Zur Zeit ist es mit einer dicken Eisdecke überzogen, aber im Frühjahr könnte es sich in Sumpf verwandeln. Der Geologe will eine Bodenprobe mitnehmen. Wir gehen noch etwas weiter auf die freie Fläche hinaus, schlagen ein Loch in die Eisdecke und nehmen ein Stück gefrorenen Boden heraus. In meinem Bunker begucken wir uns dann den Erdbrocken im Schein der Petroleumlampe. Wir sind beide der Ansicht, dass es sich um Moorboden handelt. Das Stück hat eine torfähnliche Konsistenz und zeigt deutliche Reste von Moos. Aber der Bodenkundler meint, Genaues kann er erst nach einer gründlichen Analyse sagen. Dann verabschiedet er sich.

Wir sollten Soldaten zur Beförderung vorschlagen, und da habe ich einen Fehler gemacht. Ich habe einen Gefreiten zum Unteroffizier vorgeschlagen, den ich fast gar nicht kannte. Ich habe mich dabei auf die bestimmte und ausdrückliche Versicherung seines Gruppenführers verlassen, der ihn als durchaus geeignet bezeichnete. Wahrscheinlich war es nur sein guter Freund. Jedenfalls stellte sich später heraus, dass der Beförderte eine Niete war, weder würdig noch befähigt. Das soll mir eine Lehre sein.

Der Zugführer dieses Zuges ist ein blutjunger Leutnant, der erst kürzlich zu uns kam. Ein Naturbursche und Draufgänger, aber auch ein etwas komischer Kauz. Unter anderem schießt er jede Katze ab, die ihm über den Weg läuft, und bereitet sich einen Braten daraus. Er ist nur kurze Zeit in meiner Kompanie. Später höre ich, dass er bei einem eigenmächtigen und völlig unnötigen Spähtruppunternehmen mit der ganzen Gruppe verschollen ist.

Der Bayer, mein Bataillonskommandeur, ruft an: „In den nächsten Tagen werden wir einen kleinen Seitensprung machen!“ Das ist die Vorankündigung eines Stellungswechsels. Das ist sehr schade, denn dies hier war eine ruhige, angenehme Stellung. Auch landschaftlich ist es schön! Die Gegend hat sehr viel Ähnlichkeit mit der deutschen Ostseeküste, was ja natürlich ist. Immerhin haben wir fast einen Monat hier gelegen, nämlich vom 26.12.44 bis 21.1.45.

Nur eines war schier unerträglich: Der Papierkrieg. Je ruhiger die Stellung, ••• S. 236 •••desto wilder werden die Bürokraten, wenngleich ich zugebe, dass vieles nachgeholt werden muss, was in Kampftagen notgedrungen unterbleibt. Aber wir unterscheiden jetzt z. B. schon 8 verschiedene Kompaniestärken: Ist-, Soll-, Kampf-, Graben-, Gefechts-, Verpflegungs-, Tages- und Infanteriestärke. Da finde ich nun bald nicht mehr durch. Unser Organisationstalent und unsere Gründlichkeit sind sehr lobenswert, aber die beste Eigenschaft wird schädlich, wenn man sie übertreibt. Was uns Not tut, ist Vereinfachung. Dann könnten wir auch rückwärtige Dienste abbauen und bekämen mehr Soldaten an die Front.[2]

Da ist z. B. die Ausrüstung. Seit vier Jahren schleppen wir Klamotten mit uns herum, die wir nicht ein einziges Mal gebraucht haben: Das Seitengewehr (außer zum Büchsenöffnen), die Gasmaske (außer zum Verpflegungssammeln), das gesamte MG-Richtgerät einschließlich des schweren Entfernungsmessers. Dabei habe ich während des ganzen Krieges nicht ein einziges Mal indirekt gerichtet.

Es gibt tausend Verbesserungsmöglichkeiten. Das Seitengewehr könnte, wenn es schon sein soll, kleiner oder leichter sein. Auch der Karabiner ist zu unhandlich und längst überholt. Patronentaschen unpraktisch, und manches andere mehr. In der Verpflegung könnte man sich mehr auf Konzentrate umstellen, die nahrhaft und schmackhaft sein können und viel Transportraum sparen würden. Eine ganze Reihe von Wehrmachtseinheiten könnten als überflüssig aufgelöst werden. Es ist gar nicht möglich, hier alle Vorschläge aufzuzählen.


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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

  1. 1,0 1,1 Der Feldpostbrief vom 23.01.1945 wurde wohl vordatiert, also am heutigen 22. geschrieben, denn der Autor berichtet: „Gestern hat uns Iwan erstmalig heftig beschossen“, was sich auf den Beschuss vom 21. beziehen muss, und der ganze Text wirkt nicht so, als wäre er im Stress einer Einsatzvorbereitung geschrieben worden, wie er am 23. geherrscht haben muss.
  2. Über „gewaltigen Papierkrieg“ klagt der Autor bereits in seinen Feldpostbriefen vom 11.01.1945.