6. August 1944
Landsberg/Warthe
GEO & MIL INFO | ||||
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Landsberg an der WartheWP, General-von-Strantz-Kaserne |
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Landsberg an der Warthe, Walter-Flex-Kaserne |
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Kompanie-Führer im Infanterie-Marschbataillon 492, 495, 506 oder 507[1] |
••• S. 207 •••6.8.44. Das faule Leben ist nun endgültig vorbei. Fast genau vier Monate hat es gedauert. Jetzt bin ich in der Strantz-Kaserne in Landsberg an der Warthe. Nach einer kurzen Gastrolle in Block I hat man mir ein schönes, ruhiges Zimmer angewiesen. Es ist ein Einzelzimmer im ersten Stock der Stabskaserne, zwischen der Kommandeurswohnung und dem Bataillonsgeschäftszimmer. Das Fenster geht auf den Kasernenhof hinaus.
Nun bin ich wieder in den Kasernenhof- und Geländedienst eingespannt. Eines Tages sehe ich im Bataillonsgeschäftszimmer zufällig meine Karteikarte liegen. Da steht: Waffengattung: Infanterie. Verwendung: Zugführer Schützenkompanie. ‚Junge, Junge‘, denke ich, ‚die haben Dich ja ganz schön degradiert!‘ Noch am selben Tag lasse ich mich beim Kommandeur, Major Schellack[2], melden und erkläre ihm, dass ich 1.) kein Mann der Schützenkompanie, sondern der MG-Kompanie bin und 2.) schon seit einem Jahr eine MG-Kompanie im Einsatz führe. Er verspricht mir sofort, die Eintragung berichtigen zu lassen und fragt dann nach meinem Alter. Als er hört, dass ich schon über 30 Jahre alt bin, sagt er: „Donnerwetter, ich habe Sie immer für einen ganz jungen Stift gehalten! Ja, dann sind Sie ja für den Frontdienst eigentlich schon zu alt, denn Kompanieführer sollen nicht über 30 Jahre alt sein.“ Von diesem Tag an ist Major Schellack immer besonders freundlich zu mir.[3] ••• S. 207: Haupttext des 6.8.44 unterbrochen •••
••• S. 208 Haupttext des 6.8.44 fortgesetzt ••• Ich sitze beim Lampenschein lesend in meinem Zimmer. Da klopft es, und der Läufer tritt herein. „Herr Leutnant, unten in der Wache ist eine Dame, die Sie sprechen möchte.“ Ich lasse sie heraufholen und überlege inzwischen, wer das wohl sein könnte. Da tritt freundlich grüßend ein Mädchen ein, das mir völlig unbekannt ist. Während ich noch angestrengt nachdenke, nennt sie schon ihren Namen: Edith Wilk, die Tochter einer Kusine meines Vaters. Ich habe sie in meinem ganzen Leben nur ein- oder zweimal gesehen und mochte damals etwa 15 Jahre alt gewesen sein. Ich fand sie damals aufregend mit ihrem schmalen, von schwarzem Haar eingerahmten Gesicht und den glänzenden, dunklen Augen. Nun sitzt sie hier vor mir. Sie ist gar nicht mehr schön. Sie erzählt, wie sie mich gefunden hat: Auf einem Spaziergang mit ihrem Mann, der hier im Lazarett liegt, habe sie mich gesehen und sich nach meiner Dienststelle erkundigt. Dann beklagt sie sich über ihren Mann, der lieber mit seinen Kameraden Karten spielt, als mit ihr zusammen zu sein. Schließlich fragt sie, ob es mir recht sei, wenn wir uns mal treffen. Sie scheint mein Zögern bemerkt zu haben, denn sie wiederholt mehrmals, dass wir uns nur treffen wollten, wenn es mir recht wäre. Ich mochte es ihr nicht abschlagen. Wir sind ja schließlich Verwandte. Aber so ganz wohl war mir nicht dabei. Wir verabredeten also ein Treffen in dem Wehrmachtsrestaurant, von dem aus ich Carola schon mal angerufen hatte. Und dann habe ich diese Verabredung wahrhaft vergessen. Ich habe mich darüber ehrlich geärgert, denn einmal wollte ich nicht als wortbrüchig gelten und zum andern tat sie mir doch leid in ihrer Freudlosigkeit. Sie ist nie wiedergekommen.
Marschbataillone nach Kurland
Heute erhalte ich den Befehl, mich in der Walter-Flex-Kaserne zu melden. Diese Kaserne liegt ebenfalls hier oben auf der Hochfläche, aber schon außerhalb der Stadt etwa fünfzehn Minuten von der Strantz-Kaserne entfernt und direkt neben dem Truppenübungsplatz. Hier soll ein Marsch-Bataillon nach Kurland zusammengestellt werden. Ich soll als Kompanieführer mitgehen. Am Nachmittag siedele ich also zur Flex-Kaserne über, wo wir gleich mit der Aufstellung des Bataillons beginnen. Nun folgen turbulente Tage mit der Einteilung der Kompanien, Einkleidung, Appellen, Ausgabe von Marketenderwaren und anderen Tätigkeiten, die sich normalerweise[4] über Wochen hinziehen. ••• S. 208 Haupttext am Ende des 6.8.44 unterbrochen •••
Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang |
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente |
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen |
- ↑ Diese Bataillons-Nummern werden im KTB HGr N vom 22.08.1944 S. 455 genannt. Gem. Meldung vom 06.09.1944 (KTB II.A.K., NARA T-314 Roll 162 Frame 000396) war das M.Btl. zbV. 495 für die 87.I.D. bestimmt und ein M.Btl. 516 oder 616 (sollte vielleicht 506 heißen?) für die 207.S.D.
- ↑ Ein Hauptm. d. R. Schellack war 1941 Bataillonsführer im I.R. 121, das im Mai 1944 bei Sewastopol vernichtet wurde. Vielleicht hat er überlebt und ist nach Landsberg gekommen.
- ↑ Die im Original hier anschließenden Absätze wurden unter den zutreffenden Daten 12.8.44, am Ende vom 13.8.44, innerhalb des 3.9.44 (auf S. 215) und am Anfang vom 13.8.44 gespeichert.
- ↑ Zwischen dem Eintreffen in Landsberg und der Abfahrt der Marschkompanie liegen kaum zwei Wochen, von denen noch die Zeit in der Strantz-Kaserne abzuziehen ist. Daher hat der Herausgeber „normalerweise“ eingeschoben.