5. Mai 1944
GEO INFO | ||||
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Dievenow | ||||
Fritzow |
Zweimal war ich schon in Treptow, um mich untersuchen und den ambulanten Urlaub verlängern zu lassen.[1] Heute ist Carola mitgekommen. Wir sitzen im Vorraum des untersuchenden Arztes und blicken durch die offene Tür in den Behandlungsraum. Der Arzt bohrt gerade einem Verwundeten eine Sonde handtief in eine Rückenwunde, dass der Landser aufstöhnt. Schwestern gehen ein und aus. Als eine von ihnen aus dem Krankensaal kommt, greift aus dem letzten Bett eine Hand nach ihrer Wade. Also sowas – diese Männer!
Im Vorraum steht eine Waage, auf der wir beide unser Gewicht prüfen. Ich stelle mit Befriedigung fest, dass ich 142 Pfund (71 kg) wiege.
Meine Untersuchung geht schnell. Weitere acht Tage Urlaub. Zurück nach Cammin. Zu dieser Stunde fährt die Bimmelbahn nicht. Da wir den Zug in Treptow aber noch erreichen wollen, gehen wir zu Fuß. Es ist ein schöner Weg, der weithin durch Felder und offenes Ackerland führt. Leider ziehen jetzt dunkle Wolken am Himmel auf. Sie kommen schnell näher, und bald setzt ein heftiger Regen ein. Mir macht das in meinem Wettermantel nichts aus, aber Carola ist mit ihrem Pelz schlecht dran. Es regnet in Strömen, der Wind fegt uns das Wasser ins Gesicht. Auf dem offenen Feld sind wir dem Wetter schutzlos preisgegeben. Triefend vor Nässe kommen wir in Treptow an, wo wir in der Wartehalle noch auf den Zug warten müssen. Das war kein schöner Ausflug.
Heute fahren wir wieder einmal nach Dievenow herüber. Die Dampferfahrt ••• S. 203 •••über den Bodden ist immer ein schönes Erlebnis. Nun tummeln wir uns am Strand. Es ist ein herrlicher, heißer Maientag, aber der Strand ist leer! Krieg! Außerdem ist noch keine Badesaison. Beim Spielen mit den Jungens humpele ich durch den Sand, der sich knirschend in den Verband eindrückt. Es ist noch derselbe Verband, den mir der Oberarzt in Losowatka angelegt hat.
Heute sind wir zu Brauers auf Gut Fritzow eingeladen. Carola ist seit Jahren mit der Familie befreundet. Herr Brauer ist Major der Luftwaffe und zur Zeit in Stettin stationiert. So kann er öfter herüberkommen und sich seinem Gutsbetrieb widmen. Wir sollen mit dem Wagen abgeholt werden. Ich habe meine Extra-Uniform angezogen. Punkt 3 Uhr fährt die Kutsche vor, die uns der Gutsherr[2] geschickt hat. Ich helfe Carola beim Einsteigen in den hohen, schwankenden Jagdwagen und klettere dann hinterher. Nachdem wir uns in die Decken gewickelt haben, steigt der Kutscher auf den Bock, und die Pferde ziehen an. Es ist ein trüber Tag. Zeitweilig fällt sogar ein feiner Sprühregen. Aber mein Regenmantel hält die Tropfen ab, und Carola ist gut eingewickelt. So sitzen wir als glückliches Paar in der federnden Kutsche, die in flottem Trab über die Chaussee rollt, vorbei an den weiten Feldern pommerschen Gutslandes. Leutnant Schrödter fährt mit seiner jungen Frau zu Besuch auf Gut Fritzow. Ich erlebe einen Hauch der Atmosphäre in Fontanes „Effi Briest“.
Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang |
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente |
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen |
- ↑ vermutlich am 21. und 28.04.1944
- ↑ Berthold Brauer war Gutsinspektor (Preußische Allgemeine Zeitung); Gutsbesitzer war Bogislav von Puttkamer (zamki, pałace, dworki)