27. Februar 1945
GEO & MIL INFO | ||||
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OKW-Lagekarte März 1945 | ![]() | |||
15.3.: Ankunft Carolas in Warendorf[1]
18.–31.03.: 6. Kurlandschlacht | ||||
1.3.: ThomaschkiWP Gen d Art und KG | 10.3.: OB: nochmals GenOb Dr RendulicWP |
Feldpostbriefe/Rotkreuzkarten | ||||
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✉ an Eltern 2.3. ✉ an Eltern 8.3. ✉ an Eltern |
Schon am nächsten Morgen werden einige Kameraden entlassen, so dass wir jetzt nur noch acht Offiziere sind. Die Verpflegung ist reichlich. Meist aber lasse ich mir noch zwei Scheiben Brot mit Kunsthonig nachbringen, die irgendwo übrig geblieben sind.
Von unserem Fenster hat man einen schönen Ausblick in die Umgebung. Die ehemaligen Befestigungsanlagen des Schlosses, Wall und Graben, sind in Parkanlagen umgewandelt, die jetzt von hohen, alten Bäumen eingerahmt werden. In einiger Entfernung vom Schloss liegt ein Dorf.
Heute ist eine Filmvorführung. Sie findet in einem kleinen Nebengebäude statt, das unter einem Tannengehölz neben dem Schloss steht. Um dorthin zu gelangen, muss man einen zweiten Burghof überqueren, ein Tor durchschreiten und dann noch über eine kleine Hängebrücke den Wallgraben überschreiten.
Es liegt noch immer viel Schnee, aber es ist nicht mehr so kalt.
Neben unserem Zimmer liegt die Küche. Wir hören das Geschirrgeklapper und jedes Wort, das gesprochen wird. Die beiden Räume sind durch eine Tür verbunden, die aber wohlweislich abgeschlossen ist. Aber durch das Schlüsselloch fliegen oft Blicke und neckende Zurufe hin und her, denn in der Küche arbeiten lettische Mädchen. Mein Bett steht gerade neben dieser Tür. Einmal werfe ich einen Blick durch das Schlüsselloch und sehe im selben Augenblick ein großes, blaues Auge drüben auf der anderen Seite.
Heute sind alle Offiziere unserer Stube entlassen worden, bis auf zwei; nämlich mich und einen Leutnant von der 4. Panzerdivision. Nun wird es richtig gemütlich auf unserem Zimmer. Der Panzerleutnant ist ruhig und freundlich, kann allerlei Kartenkunststücke und ist sehr unterhaltsam. Auch den entlassenen Offizieren hat er öfter die Karten gelegt. Er erzählt mir, dass er diese Fähigkeit von seiner Tante geerbt habe, die sich viel mit Kartenlegen und Zukunftsdeutung beschäftigt habe. Auch er scheint ernsthaft an diese Dinge zu glauben. Da wir nichts zu tun haben, lasse ich mir also auch einmal die Karten legen. Er erzählt mir dies und das und will dann plötzlich nicht mehr mit der Sprache heraus. Im Laufe des weiteren Gesprächs sagt er plötzlich: „Sie hatten kurz vor dem 15.4.44[2] ...“ Nun bin ich aber doch platt vor Staunen. Mir ist absolut schleierhaft, woher er dieses Wissen hat. Von mir jedenfalls nie und nimmer. Nun hüllt er sich natürlich in geheimnisvolles Schweigen.
Hier ist eine bildhübsche lettische Rotkreuz-Schwester. Sie hat eine verblüffende Ähnlichkeit mit Ruth, ist nur etwas kleiner. Sie hat offenbar den ersten Stock zu betreuen, denn sie kommt öfter herein, um sich eine Weile mit uns zu unterhalten. Da sie fließend deutsch spricht, kann man sich gut mit ihr verständigen. Man sagt ihr ein Verhältnis mit einem Feldwebel nach, was sie aber nicht hindert, uns immer zu besuchen. Heute hat sie sich schon vorher angemeldet, und deshalb habe ich meinen Waffenrock angezogen. Normalerweise laufen wir im Zimmer ohne Rock herum. Als sie kommt, sitze ich gerade allein im Zimmer und schreibe. Ich höre sie eintreten und grüßen, ••• S. 263 •••drehe mich aber erst nach einigem Zögern um und empfange sie mit einigen scherzhaft vorwurfsvollen Worten wegen ihres Verhältnisses mit dem Feldwebel.
Sie ist doch ein verdammt hübsches Mädchen. Wie sie da so herausfordernd auf dem Fensterbrett sitzt und mich mit ihren blitzblauen Augen anlächelt, muss ich mich doch gewaltig zusammen nehmen. Ich bleibe also kühl. Immerhin hatte ich eine moralische Stütze: Ich musste mit neugierigen Blicken durch das Schlüsselloch der Küchentür rechnen. Den Gedanken, das Loch zu verhängen, hatte ich schon vorher von mir gewiesen.
Als ich heute mit dem Panzerleutnant um das Haus spaziere, läuft die Schwester in einiger Entfernung an uns vorbei und verschwindet im Park. Als wir dann selbst am Ende des Parks ankommen, sehen wir sie schon weit draußen eilig über das freie Feld auf einen alleinstehenden Bauernhof zu laufen. Dort wird sie wohl zu Hause sein.
Heute haben der Kamerad und ich ein extra Abendessen eingenommen: Bratkartoffeln mit Sülze und Apfelsaft. Vor einiger Zeit hatten wir nämlich den Stationsarzt gefragt, ob es nicht möglich sei, für uns beide ab und zu ein zusätzliches Essen zu beschaffen. Der Arzt schien etwas betroffen und wollte erst gar nicht zusagen, tat es aber nach einigem Zögern doch. Kurze Zeit später hatten wir dann auch ein warmes Abendessen bekommen, und heute ist es das zweite Mal.
Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang |
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