29. Januar 1945

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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Inhaltsverzeichnis

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

English

Tags darauf[1] komme ich zum Bataillon. Wie ich beim Eingang zum Unterstand den Stahlhelm abnehme, kommt mir zum Bewusstsein, dass ich ihn seit fast zehn Tagen nicht vom Kopf bekommen habe. Manchmal sogar nicht einmal beim Schlafen.

Nach der Besprechung mit dem Kommandeur und dem Adju sagt letzterer ganz unvermittelt zu mir: „Haben Sie denn gestern[2] bei dem tollen Beschuss keinerlei Angriffstätigkeit bemerkt?“ Auf mein entschiedenes „Nein“ fährt er lächelnd fort: „Die Russen hatten beschlossen, sie und ihren ganzen Gefechtsstand auszuheben! Eine ganze sowjetische Kompanie unter Führung eines Kapitäns war dazu angetreten! Der Führer der Kompanie änderte aber seine Absicht und lief über! Er hat uns dann den ganzen Plan mitgeteilt.“ So, so, nun wird mir alles klar. Darum also hat er die Ruine und meinen Bunker mit diesem blödsinnigen Pakfeuer belegt, und darum hat die rote Artillerie das Gelände hinter mir unter Beschuss genommen, um die Überfallstelle gegen Hilfe von rückwärts abzuriegeln. Das hätte mir eigentlich auffallen müssen. Und nun habe ich auch die Lösung für die beiden rätselhaften Anrufe des Adjutanten: Er kannte die russische Absicht und wollte hören, ob ich noch da bin!

Man berichtet mir noch, dass unser Kommandeur sich um eine Auszeichnung für mich bemüht. Mein letzter Gegenstoß hat offenbar Eindruck gemacht. Vielleicht hat auch der Gefangene wichtige Aussagen gemacht.

In dem Waldabschnitt rechts der Straße, wo ich kürzlich den russischen Angriff zurückgeschlagen habe, ist der Teufel los. Tag und Nacht greifen die Roten hier mit stärkeren und schwächeren Trupps an. Unsere Leute bekommen keine Ruhe mehr. Heute meldet die Kompanie dort erstmalig Panzergeräusche. Am Spätnachmittag nähern sich dann tatsächlich einige Ungetüme vorsichtig und schrittweise im Wald und feuern auf unsere Stellungen. Bei Einbruch der Dunkelheit ziehen sie sich wieder zurück. Leutnant Fischer hat Verluste. Ich bekomme Befehl, mit einem Zug meiner Kompanie vorzugehen und die 2. Kompanie zu unterstützen, falls diese die Stellung nicht mehr allein halten kann. Fischer hat meinen alten Kompaniegefechtsstand, den er übernommen hatte, nicht mehr halten können und war in einen anderen Bunker im Wald auf der anderen Straßenseite ausgewichen. Dahin ziehe ich also mit meinen Männern, lasse sie im Unterholz des Waldes in Deckung gehen und krieche in den Unterstand hinein. Er ist eng und niedrig. Fischer hockt in einer Ecke. Vor ihm steht auf einer Holzplanke eine Kerze, die den Unterstand mit ihrem matten Schein notdürftig erhellt. Der übrige Raum des Bunkers ist mit Verwundeten überfüllt, die still oder stöhnend am Boden liegen. Draußen hallt unruhiges Geknatter von Gewehrfeuer durch den Wald. Jetzt wagen sich die Panzer auch schon nachts heran. Von Zeit zu Zeit mischt sich ihr tiefes Brummen in das helle Knattern des Infanteriefeuers. Drei Panzer sind gemeldet. Sie stehen im Schutz des dunklen Waldes fünfzig Meter vor unseren Stellungen. Sie sind nicht auf der Straße herangekommen (da könnten Minen liegen), sondern haben sich einen Weg durch den Wald gebahnt (wo sich normalerweise kein Panzer bewegt, schon gar nicht bei Nacht). Jetzt krachen ihre Abschüsse. Das zuckende Mündungsfeuer erhellt wie ein Blitz den nachtdunklen Wald. Gleichzeitig wirft das Feuer der krepierenden Granaten einen flammenden Schein gegen die Baumstämme. Ein Melder kommt mit Verlustmeldungen. Fischer bittet mich, eine meiner Gruppen zur Auffüllung der Lücken in die Stellung zu schicken, bis er selbst Verstärkung bekommt. Ich schicke sechs Mann nach vorn.

Wieder bringen sie einen Schwerverwundeten. Schon von weitem hören wir sein lautes Jammern. Es ist ein OA-Feldwebel. Der Splitter einer Panzergranate hat ihm den Oberarm zerschmettert. Zwei Mann führen ihn in den Unterstand. Das sitzt er nun, den Rücken an die Wand gelehnt, und stöhnt und windet sich vor Schmerzen. „Aaauuaahh – uuuiiihh – mein Arm, mein Arm. Jetzt muss ich ins Lazarett und morgen sollte ich zum Leutnant befördert werden! So eine verdammte Schweinerei – auuuah – ooochch. Der Arm ist hin. Ich sah nur einen Blitz und spürte einen furchtbaren Schlag gegen den Arm. Auuuuch, verfluchte Sauerei!“Da er noch laufen kann und der Bunker sowieso überfüllt ist, ••• S. 253 •••schicken wir ihn gleich nach hinten.

Stundenlang geht der Kampf noch weiter. Die Panzer schießen aus sicherem Versteck, ohne einen Meter vorzurücken. Die rote Infanterie wagt sich ebenfalls nicht heran. Unsere Männer stehen in ihren Löchern und schießen auf alles, was sich drüben bewegt. Oder sie drücken sich in ihre Löcher, wenn die Panzer ihr satanisches Feuer herüberjagen. Der Wald brennt an einigen Stellen. Die Glut der züngelnden Flammen wirft zuckende, rote Schatten durch den Wald. Wir haben starke Verluste, aber die Männer weichen nicht.••• im Original weiter ohne Zeilenumbruch •••


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Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

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Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

  1. im Original „Nach einigen Tagen“, vgl. Fußnote 2 vom 28.1.45
  2. im Original „vorgestern“, vgl. Fußnote 2 vom 28.1.45