7. August 1941

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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Chronik 40–45

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik 45–49

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

English

Am nächsten Morgen erkennen wir, dass die Russen im Nachbarabschnitt, der schon zur Nachbardivision gehörte, durchgebrochen sind. Sie haben die vordere Linie überrannt, die Artilleriestellungen überfallen und unter den überraschten Artilleristen ein furchtbares Blutbad angerichtet. Ein Sankra (Sanitätskraftwagen) unseres Regiments, der unsere Verwundeten vom Vortag abtransportieren wollte, ist ebenfalls auf der Landstraße im Hinterland überfallen worden. Man fand die Verwundeten – es waren Männer unseres Bataillons – ermordet neben dem Fahrzeug. Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstoß gegen die Genfer Konvention![1]

Immerhin haben die Sowjets diesen Ausbruch teuer bezahlt. Der Hauptstoß ihres Durchbruchs erfolgte auf einer Straße, die von unserem Abschnitt nach links zur Nachbardivision führte. Sie ist nur wenige hundert Meter von uns entfernt, und ich gehe mal hinüber. Auf dieser Straße hatten die sowjetischen Fahrzeugkolonnen den Ausbruch versucht, waren dabei in unser konzentriertes Abwehrfeuer geraten und furchtbar zusammengeschossen worden. In endloser Reihe stehen die Trümmer dieser Kolonne. Lastwagen und Geschütze liegen zerschossen, zerfetzt, ausgebrannt und umgestürzt auf der Straße und im Straßengraben. Zwischen diesen Schrotthaufen liegen zahlreiche Leichen gefallener Rotarmisten. Einer von ihnen liegt mit dem Oberkörper auf dem Trittbrett, während sein gebrochenes Bein zwischen den verbogenen Eisenteilen des Führerhauses eingeklemmt ist. Sein Fahrzeug war auf den Vordermann geprallt und in Brand geraten, wobei der eingeklemmte Fahrer mit verbrannte. Ein anderer lag mitten auf der Straße. Er war von den vorwärtsjagenden Fahrzeugen überfahren und buchstäblich wie eine Briefmarke plattgewalzt worden. Aber die Konturen seines Körpers mit Kopf, Hals, Schultern und Gliedmaßen sind ganz deutlich erhalten. Die übrigen Toten liegen, kohlschwarz verbrannt oder bläulich aufgedunsen, zwischen den zertrümmerten Fahrzeugen und im Straßengraben. Über der Stätte der Vernichtung liegt nun die brütende Sommerhitze und beginnt ihr Verwesungswerk, so dass mir fast übel wird.

Der Ausbruch war nur einem kleinen Teil der Roten gelungen. Der Ring um die Eingekesselten ist wieder geschlossen. Jetzt gehen Spähtrupps in den Wald, um festzustellen, wo und in welcher Stärke noch feindliche Truppen vorhanden sind. Sie kehren mit einigen Russen zurück, die erklären, dass die Wälder noch voller Russen stecken. Sie hätten allerdings kaum noch zu essen und auch keine Munition mehr. Nun tritt nochmals eine ganze Schützenkompanie an, um dem Wald abzutasten. Zur Verstärkung dieser Kompanie werde ich ihr mit einem MG-Zug unterstellt. Wir gehen den Hang zu dem Getreidefeld hinunter. Hundert Meter vor meiner Stellung, am Fuß des Hanges, liegt der erste Tote des Nachtangriffs. Ein hellblonder, vielleicht 20-jähriger Junge mit schmalem, sympathischem Gesicht. Wir gehen weiter. In breiter Kette bewegen wir uns über das Kornfeld. Plötzlich ein lauter Ruf der Überraschung. Ich sehe nach links hinüber, wo gerade zwei Landser eine Getreidehocke auseinanderwerfen und zwei Iwans herausziehen. Nun war das Signal gegeben. Hocke um Hocke wird auseinander gerissen, und immer wieder ertönen freudige Rufe, wenn aus der fallenden Mandel wieder ein paar Rotarmisten herauskriechen. Ein Weib ist auch schon dabei. Ich trete an eine Mandel, aus der ein Schuh herausguckt. Wir werfen auch diese um und finden drei Mann darunter: Einen Kapitän (Hauptmann), einen Leutnant und einen Melder. Ich nehme dem Kapitän Pistole und Kartentasche ab und schicke ihn zu den anderen Gefangenen. Wir kämmen auf diese Weise das ganze Feld durch und zählen zum Schluss mehr als hundert Gefangene. Einer von ihnen, mit intelligentem Gesicht blickt so hoffnungslos traurig ins Leere, dass ich fast Mitleid mit ihm habe. Aber als ich an die Unmenschlichkeiten bei dem nächtlichen Ausbruchsversuch denke, vergeht es wieder. Dann dringen wir in den Wald ein. Auf einer Lichtung stehen wirr durcheinander gefahrene Panjewagen. Der Boden ist mit Ausrüstungsgegenständen übersät. Aber Russen sind nicht zu finden.

Zu den Stellungen zurückgekehrt, mache ich an meinem Loch eine Ruhepause. Da tauchen zwei sowjetische Jagdbomber auf, kreisen über unseren Stellungen, jagen ein paar Feuerstöße in unsere Linie und werfen einige kleine Bomben ab. Beim Abdrehen und Hochziehen feuern sie noch aus zwei Bord-MGs, die in den Tragflächen eingebaut sind und nach hinten schießen. Als ich da das Mündungsfeuer sehe, glaubte ich, dass sie brennen. Aber mein anfangs jubelnder Ausruf erstarb in Enttäuschung. Getroffen haben sie übrigens nichts. Ihr Erscheinen sollte wohl eine kleine moralische Unterstützung für die Eingekesselten sein.

Wir bereiten uns auf die nächste Nacht vor, und zwar sorgfältig, denn wir sind jetzt gewarnt. Am Abend beginnt es zu tröpfeln, und bald geht ein leiser, aber anhaltender Regen nieder, der allmählich durch die Strohdecke meines Schützenloches dringt. Hilflos muss ich es ertragen, dass der Regen langsam meine Uniform durchtränkt. Ich kann wieder nicht richtig schlafen. Es ist schon die vierte Nacht ohne rechten Schlaf.••• im Original weiter ohne Zeilenumbruch •••


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