12. März 1944

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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Chronik 40–45

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik 45–49

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

English

Landshut

GEO & MIL INFO
Landshut-Achdorf Karte — map
Reserve-Lazarett Landshut, Teillazarett Achdorf
San.-Abt. München Wehrkreis­kommando VII BdE

12.3.44. Wir sind am Ziel. Der Zug hält auf dem Bahnhof Landshut. Auf der Rampe steht eine ganze Reihe von Sankras. Mit weit geöffneten Türen sind sie rückwärts an die Waggons herangefahren. Sanis laufen mit ihren Bahren hin und her. Ein Sanitätsfeldwebel steht wie ein Feldherr auf der Rampe und kommandiert seine Leute. Diesmal bin auch ich dabei. Zwei Sanis haben mich auf die Bahre gelegt und in einen Sankra geschoben. Die Tür schlägt ins Schloss, und der Wagen rast davon.

Landshut-Achdorf, Kreiskrankenhaus „z.Zt. Res.Laz.“

Als der Wagen wieder hält und die Tür geöffnet wird, hebe ich den Kopf. In der offenen Tür steht ein Sanitäter und eine Ordensschwester. Wir sind im Teillazarett Achdorf des Reservelazaretts Landshut. Es ist ein von katholischen Schwestern geleitetes ehemaliges Krankenhaus, das jetzt in ein Schwerverwundetenlazarett umgewandelt ist.

Man legt mich auf einen Rollwagen. Ein Pfleger in weißem Kittel schiebt mich in einen Fahrstuhl, der uns in den ersten Stock bringt. Ich komme sofort ins Bad. Während das herrliche Wasser in die Wanne sprudelt, hilft mir der Pfleger beim Auskleiden. Dann legt er noch ein Brett quer über den Wannenrand, damit ich mein gebrochenes Bein darüberlegen kann, ohne es ins Wasser zu tauchen. Nun steige ich mit seiner Hilfe in die Wanne und lasse mich in das warme Wasser gleiten. Der Pfleger geht hinaus, und ich überlasse mich ganz dem Genuss dieses Augenblicks. Welch’ eine Wohltat, in diesem warmen, grünlichen, duftenden Wasser zu liegen! Ich plätschere mit beiden Hän••• S. 198: Bilder, dabei Postkarte aus Landshut, geschr.1979! Weiter auf S. 199 •••den darin herum und genieße diese Flut von Sauberkeit. Dann wieder liege ich reglos, ganz erfüllt vom Glück dieser Stunde. Wie sauber das hier alles ist!

Höre ich recht? Da spielt doch ein Harmonium? Richtig, heute ist ja Sonntag! Jetzt höre ich auch den Gesang. Welch ein Friede liegt über diesem Haus! Alles in diesem Haus strömt Ruhe, Geborgenheit, Entspannung aus. Das monotone Gebet des Credo dringt zu mir herauf. Meine Gedanken fliegen zurück zur Front, zu den letzten Kampftagen, an denen wir im eisigen Schneesturm den verloren gegangenen Graben wieder eroberten. Ich sehe die Kameraden fallen und erkenne die große Gnade, mit der der Herrgott mich wieder einmal – zum wievielten Mal? – vom Tode bewahrt hat. Und nun liege ich hier, umgeben von Sauberkeit und liebevoll sorgenden Schwestern in der Geborgenheit der Heimat. Lieber Herrgott, ich danke Dir!

Man hat mich in ein Zweibettzimmer gelegt. Eben habe ich der Aufnahmeschwester meine Personalien angegeben. Jetzt beschrifte ich die kleinen Tafeln am Fußende der Betten mit Namen und Dienstgrad. Ich habe der Schwester diese Arbeit abgenommen. Dann habe ich ein Telegramm an Carola geschickt: „Liege Lazarett Landshut. Nicht kommen. Brief abwarten!“ Ich habe nämlich ein sehr schlechtes Gewissen.

Wir sind jetzt zu zweit im Zimmer. Mein Zimmergenosse ist ein junger, blonder Artillerieleutnant. Ein ruhiger, freundlicher, sehr gut zu leidender Kamerad. Wir haben gerade unsere obligatorische Entlausungsbehandlung hinter uns. Ein Sanitäter hat unsere Kopf- und Schamhaare mit einem Schwamm behandelt, der mit Cuprex getränkt war. Eine kurze, feste Berührung, ein kurzer, beißender Schmerz, und schon war die Prozedur beendet. Der Artillerieleutnant hat sich sein Handtuch wie einen Turban um den Kopf gewickelt.

8 Uhr abends. Das Abendessen ist vorüber. Wir liegen im Bett, haben unsere Nachttischlampen angeknipst und uns jeder in seine Lektüre vertieft. Ich lese „Lausbubengeschichten“ von Ludwig Thoma. Das heitere Buch passt so recht zu der gelösten Stimmung, in der ich mich befinde. Ich lasse das Buch sinken und genieße noch einmal diesen unwirklichen Frieden, der über dem Haus liegt. Auch im Zimmer ist lautlose Stille. Der Kamerad hinter mir, der zum Glück auch kein Freund von vielem Gerede ist, liest schweigend sein Buch. Welch eine himmlische Ruhe! Vor zwei Wochen kroch ich noch im Feuer des Feindes durch den Schnee, von Tauwasser durchnässt und den Tod an der Seite. Und heute liege ich hier, warm, trocken, sauber und fern vom Krieg in der Obhut der Schwestern. Hier zischt keine Kugel, hier droht kein nächtlicher Überfall, hier regnet und schneit es nicht in Hals und Stiefel. Hier kann ich wieder endlich einmal ruhig und sorglos schlafen. Wie unbegreiflich schön das alles ist!


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